Frank Linti, Director Business Innovation, hat sich mit dem Thema beschäftigt.
Die neue Verpackungsverordnung wird gefeiert. Aber geht sie wirklich weit genug?
Viele Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel und in der Gastronomie setzen eigene, oftmals aufwendig gestaltete Einwegverpackungen und ToGo-Verpackungen ein. Nahezu alle landen im Müll. Seit Januar 2023 wird die Gastronomie vom Gesetzgeber dazu verpflichtet, vor allem im Bereich ToGo-Verpackungen alternative Mehrwegpoolverpackungen anzubieten.
Vor allem im ToGo- und im geschlossenen Mehrweg-Gastrobereich haben sich bereits in den letzten Jahren Mehrwegverpackungssysteme etabliert, die vorrangig von lokalen Gastro-Netzwerken und Backshop-Ketten betrieben und in allen mitmachenden Shops eingesetzt und abgegeben werden können.
Nachteil ist, dass alle Partner vor Ort die Behälter reinigen müssen, was hohe qualitative Unterschiede in der Hygiene mit sich bringt. Oftmals sind die Produkte nicht gekennzeichnet und können daher nicht optimal verwaltet werden. Es wird nur „Pfand“ gebucht, nicht die „Einheit“. Gerade für die Betreiber der Ketten sollte es aber möglich sein, Behältnisse lückenlos erfassen, verwalten und buchen zu können, um eine shopübergreifende logistische Verteilung und Versorgung optimal organisieren zu können.
Für den Rest der Gastronomie gilt: „Was sich in der Theorie als Durchbruch anhört, ist in der Praxis das Papier nicht wert, auf dem es umständlich formuliert wurde“. Wie bei allem, was mit vielen Kompromissen beschlossen wird, ist auch hier die Wirklichkeit ernüchternd.
Abgesehen von den immer wieder zu leistenden Pfandgebühren, wird erwartet, dass die mittels Pfand „gekaufte“ Verpackung auch selber gereinigt wieder mitgebracht wird, falls sie denn mehrfach genutzt werden soll. Spätestens nach dem fünften gleichen Becher oder der Bowl im Schrank wird es für Durchschnittskäufer emotional schwierig, noch einen weiteren Behälter zu erwerben, nur weil man gerade keinen dabei hat.
Vor allem individuell gestaltete Verpackungen, die nur beim ausgebenden Lokal oder Systemgastronom zurückgeben werden können, stellen eine hohe Hürde dar. Wer stellt sich schon gerne ein zweites Mal an der Kasse an, um sein Pfand sofort zurückzubekommen! Was hilft ein Pfandbon, der außer in der Filiale sonst nirgends einlösbar ist? Und wer trägt schon die leere Verpackung gerne mit sich herum, bis zum nächsten Besuch?
Dadurch, dass der Kunde im Bereich ToGo die freie Wahl hat zwischen Einweg- oder Mehrwegverpackung, werden sich höchstwahrscheinlich nicht sehr viele Kunden für die teurere und aufwendigere Mehrwegverpackung entscheiden.
Eine sichere Lösung wäre eine fälschungssichere, standardisierte serielle Kennzeichnung aller Pfandobjekte mit einem einheitlichen Pfandbetrag,wie sie bereits im Handel im Mehrwegbereich, z.B. bei Pfandflaschen, eingesetzt wird. Damit kann die Verpackung an allen Rückgabestellen abgeben und gebucht werden. Durch die Kennzeichnung auf Einzelobjektebene können die Pfandbehälter durch Dienstleister gewaschen und in den passenden Kreislauf rückgeführt werden. Und durch das lückenlose Tracking der Verpackungen wird optimale Hygiene und Flächendienstleistung gewährleistet.
Dieses Konzept führt zu einer hohen Akzeptanz bei Nutzern, den Betreibern und den Abfüllern und kann auf Dauer erfolgreich die Einwegverpackung verdrängen. Zudem können große Lebensmitteleinzelhändler Mehrwegverpackungen der Hersteller auch beim bereits bestehenden Sortiment, z.B. bei Süßwaren oder Knabbernüssen, einsetzen und ins System integrieren.
Ziel muss sein, alle Mehrwegverpackungen an den gleichen Pfandautomaten zurückgeben zu können wie die Pfandflasche.
Die ersten Schritte sind getan, wenn auch ohne einheitliche Strategie. Sinnvoll wäre eine Nachbesserung der Verpackungsverordnung mit den technischen Vorgaben an ein einheitliches Pfandkonzept für die wirklich nachhaltige Mehrwegverpackung von morgen.
Autor: Frank Linti, Director Business Innovation, inotec group
Kontakt: linti@inotec.de